Beschreibung

Friedrich Wilhelm Voigt wurde am 13. Februar 1849 in Tilsit in Ostpreußen geboren. Beruflich trat Friedrich Wilhelm Voigt in die Fußstapfen seines Vaters und machte eine Ausbildung zum Schuhmacher. Bekannt geworden und in die Geschichte eingegangen ist er allerdings durch eine sagenhafte Hochstapelei im Jahr 1906, die so unglaublich war, dass sie den Schriftsteller Carl Zuckmayer nach dem Tod des Protagonisten zu dem Theaterstück „Der Hauptmann von Köpenick“ (1930) inspirierte und zwischen 1906 und 1956 als Grundlage für vier Filme diente. Zwischen 1960 und 2001 interessierte sich auch das Fernsehen für die Geschichte des „Hauptmanns von Köpenick“ und begeisterte die Zuschauer/innen mit drei Neuinterpretationen der Figur. Das Grab Friedrich Wilhelm Voigts, das die Stadt Luxemburg auf dem Liebfrauenfriedhof anlegen ließ, ist wohl das auf internationaler Ebene bekannteste Grab dieses Friedhofs. Als Zeichen der Wertschätzung für den Verstorbenen werden dort regelmäßig Münzen von Besuchergruppen hinterlassen.

Eigentlich war Friedrich Wilhelm Voigt zwischen 1860 und 1890 wegen verschiedener Delikte – darunter Diebstahl, Betrug, Falschaussage und Urkundenfälschung – mehrfach verurteilt worden. Das Gaunerstück, das ihm zu internationaler Bekanntheit verhelfen sollte, trug sich am 16. Oktober 1906 zu. An diesem Tag verkleidete sich Friedrich Wilhelm Voigt in Berlin als Hauptmann der preußischen Armee, nahm mit einem eigens dafür rekrutierten Trupp von Soldaten den Bürgermeister von Köpenick fest und ließ sich den Inhalt der Stadtkasse aushändigen, der sich auf 4000 Mark belief. Er wies die Soldaten an, das Rathaus noch eine Stunde lang besetzt zu halten, während er den Ort mit dem Geld verließ, in Zivilkleidung schlüpfte und verschwand.

Am 26. Oktober 1906 wird er verhaftet und am 1. Dezember zu einer vierjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Da ihm die Öffentlichkeit wohlgesonnen ist, wird er im August 1908 von Kaiser Wilhelm II. begnadigt.

Durch zahlreiche Artikel in der Presse wurde Wilhelm Voigt noch zu Lebzeiten als „Hauptmann von Köpenick“ bekannt und trat unter anderem in Kanada und den USA in Varietéshows auf, wo er seine Figur spielte. 1909 veröffentlichte er unter dem Titel „Wie ich Hauptmann von Köpenick wurde“ seine Autobiografie, die zuletzt 2016 neu aufgelegt wurde.

Nach einer Vorstellung in der Villa Louvigny am 4. Mai 1909 beschloss Wilhelm Voigt, sich in Luxemburg niederzulassen, und stellte am 22. Mai 1909 einen entsprechenden Antrag. Er bezog ein Quartier in der Rue du Fort Neipperg Nr. 5 im Bahnhofsviertel in Luxemburg und arbeitet dort als Schuhmacher. Bis 1918 nahm er im Rahmen der Tourneen des „Barnum & Bailey Circus“, der im Eigentum der Gebrüder Ringling stand, regelmäßig an Vorstellungen teil, danach lebte er als Rentner in Luxemburg. 1920 gehörte er zu den ersten Autobesitzern Luxemburgs. Zuletzt wohnte er bei seiner Lebensgefährtin „Frau Köpenick“ am Boulevard de la Pétrusse. Am 3. Januar 1922 starb Friedrich Wilhelm Voigt an den Folgen einer Grippe. Aufgrund seines letzten Wohnsitzes wurde er auf dem Liebfrauenfriedhof beigesetzt. Seine Lebensgefährtin hatte dafür eine befristete Grabkonzession erworben. Auf dem äußerst bescheidenen Grab soll eine Metalltafel mit der Inschrift „Selig sind die Menschen die Heimweh haben, denn sie sollen nach Hause kommen“ angebracht gewesen sein. 1961 soll die Grabkonzession vom Circus Sarrassani, der sich auf Durchreise in Luxemburg befand, um 15 Jahre verlängert worden sein. Danach soll das Grab die Inschrift „Wilhelm Voigt, genannt Hauptmann von Köpenick, 1850–1922, gewidmet vom Circus Sarrasani, September 1963“ getragen haben. Da die Konzession auf 15 Jahre befristet war, sollte das Denkmal 1975 abgetragen werden. Als dies Georges Hausemer, Leiter des Nationalen Fremdenverkehrsamts zu Ohren kam, mobilisierte er die Berliner Presse, sich für die Aufrechterhaltung der Konzession und die Beibehaltung des Denkmals einzusetzen. Angesichts der Bekanntheit der Persönlichkeit beschloss die Stadt Luxemburg, einen Wettbewerb zur Gestaltung eines neuen Denkmals auszurufen. Das vom Künstler Jean-Pierre Georg entworfene Denkmal ziert nun neben der Inschrift „Hauptmann von Köpenick“ auch die Darstellung eines preußischen Helms. Friedrich Wilhelm Voigt zählt zu den Persönlichkeiten, die im Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds in London ausgestellt sind.